Mitten in der Nacht des 5. Februar 1933 schafften Dutzende von Arbeitern Chinas kaiserliche Schätze auf Schubkarren aus ihrem Aufbewahrungsort, dem Nationalen Palastmuseum in Peking, heimlich fort. Mit der Aktion sollten die Kunstwerke vor Raub und Zerstörung durch die einfallenden Japaner gerettet werden. Für die 19 557 Kisten mit seltenen Jadestücken, kostbarem Porzellan, rituellen Bronzegefäßen, Dokumenten, Gemälden und Kalligraphien begann damit eine 12 000 Kilometer weit führende, 16 Jahre dauernde Reise.
Auf der Flucht vor der japanischen und später der kommunistischen Armee wurde die Sammlung jedesmal, wenn Gefahr im Anmarsch war, an einen anderen Ort gebracht. Sie mußte Bomben ausweichen, Flüsse überqueren und steile Abgründe überwinden. Einmal, als man die unendlich kostbare Fracht über einen Fluß schiffte, um dem Bombenangriff auf Chungch'ing zu entgehen, riß plötzlich das Seil. Aber ehe das Boot an den Felsen zerschellen konnte, strandete es auf einer Sandbank. Na Chih-liang(那志良)erzählt: "Da begann ich zu glauben, daß die Kunstwerke beseelt sind." Der 90jährige Jadeexperte kennt die Sammlung gut. Er war ein Mitglied des Teams, welches den Auftrag hatte, die in der Verbotenen Stadt verbliebenen Kunstgegenstände zu säubern und zu klassifizieren, als der letzte Thronfolger der Ch'ing-Dynastie, Pu Yi, 1924 sang- und klanglos Peking verließ.
Na war auch dabei, als die Schubkarren sich auf den langen Weg machten, und er blieb den Kunstwerken bis Mitte der siebziger Jahre treu, als er seine Stelle am Nationalen Palastmuseum verließ und in Pension ging. Er war unter den ersten Konservatoren der Sammlung. Nach der Niederlage der Japaner wurde die Kollektion kurzfristig in insektenbefallenen Räumen in Nanjing gelagert. Na erzählt, er habe drei Monate auf Knien und Händen zugebracht, um die Termiten mit Taschenlampe und Gift zu bekämpfen. "Dieser Kampf war schlimmer als der Krieg", meint er rückblickend.
Der Fluchtweg, den die Sammlung durch Festlandchina nahm, mag sich wie der Todeslauf eines in panische Angst versetzten Hühnchens ausnehmen, aber er führte in Sicherheit. Die Kunstwerke waren größtenteils unversehrt, als die Regierung der Republik China und ihre Anhänger 1949 nach Taiwan flohen. Es wurden so viele wie möglich mitgenommen. Die 650 000 Kunstobjekte stellen nun die kaiserliche Sammlung dar, die das Nationale Palastmuseum in Taipei beherbergt. Die Kollektion ist von unschätzbarem Wert; die Kaiser erhielten, kauften, orderten oder plünderten nur das Beste vom Besten.
Das Museum ist weltweit dafür bekannt, eine der erlesensten Sammlungen chinesischer Kunstgegenstände zu besitzen. Der Kollektion das angemessene Maß an Pflege und Konservierung zukommen zu lassen, hat sich als monumentale Aufgabe erwiesen.
Man stelle sich Taiwan vor fünfzig Jahren vor. Als die Sammlung hier eintraf, handelte es sich um eine arme, hauptsächlich agrarisch bewirtschaftete Insel. Als die nationalchinesische Regierung und über eine Million Soldaten und Anhänger nach Taiwan übersiedelten, kam es zwischen ihnen und den Einheimischen häufig zu Konflikten über politische, kulturelle und gesellschaftliche Belange. Zunächst einmal mußte man den allgemeinen Frieden herstellen, eine Regierung, eine Infrastruktur und sogar eine gemeinsame Sprache einführen. Man konnte nicht erwarten, daß die Regierung angesichts dieser Belastungen dem Bau eines Museums Priorität einräumte.
Aber 16 Jahre nach Ankunft der Regierung der Republik China auf Taiwan konnte eine kunstvolle, palastartige Museumsanlage eröffnet werden. Der Stil des Museumsbaus sollte die zarten Farben und die Anmut der Architektur aus der späten Ming- und der Ch'ing-Dynastie widerspiegeln.
Das Museum in Taipei öffnete offiziell am 12. November 1965, dem hundertsten Geburtstag von Sun Yat-sen, seine Tore. Das Eröffnungsdatum war nicht zufällig gewählt worden. Die Kulturpolitik war die treibende Kraft beim Bau der Einrichtung gewesen; zu jener Zeit kämpften sowohl Taipei als auch Peking um internationale Anerkennung für ihren jeweiligen Anspruch, Chinas einzige legitime Regierung darzustellen. Der Besitz von vielen der wertvollsten Dokumente, Kunstwerke und Antiquitäten chinesischer Kultur half der Republik China, ihren Legitimitätsanspruch zu behaupten. Es war unbedingt notwendig, Chinesen auf der ganzen Welt zu zeigen, daß die Schätze des kulturellen Erbes überlebt hatten und geschützt wurden.
Aber eine exquisite Kollektion und ein dezidiertes politisches Motiv garantieren noch kein gutgeführtes Museum. Weil die Einrichtung einige der weltweit wertvollsten, chinesischen Antiquitäten besitzt, lastet eine enorm große Verantwortung der Erhaltung und Ausstellung dieser Schätze auf dem Museum. Das Nationale Palastmuseum in Taipei ist mittlerweile 28 Jahre alt. In den Anfangstagen gab es außer Na und ein paar weiteren Kunstexperten vom chinesischen Festland, die dabei mitgeholfen hatten, die Kollektion nach Taipei zu bringen, keine geschulten Fachkräfte auf Taiwan. Da es keinen Kontakt zu anderen Fachleuten in Festlandchina gab, versuchte man auf Taiwan, sich Wissen und Erfahrung über Museumskunde aus Büchern, über das Ausland und durch jede andere auffindbare Quelle anzueignen. Die erste Aufgabe bestand darin, die Kollektion sicher zu lagern. Bis zur Eröffnung des Museums wurden die Kunstgegenstände in einer 200 Meter tief in die Hügel am nördlichen Stadtrand von Taipei gegrabenen Höhle aufbewahrt; an dieser Stelle steht heute das Museum. Die Verantwortlichen wählten die unterirdische Lage hauptsächlich aus Sicherheitsgründen. "Sie waren der Meinung, daß sie im Falle eines Bombenangriffs besseren Schutz als ein Gebäude bot", sagt Chang Shih-hsien(張世賢), Leiter der Konservierungsabteilung des Museums.
Mit der Zeit hat das Museum eine Reihe von entscheidenden Verbesserungen in seinem Lagersystem vorgenommen. Die Aufbewahrung der Kunstschätze ist von entscheidender Bedeutung, da nur jeweils ein Prozent der riesigen Sammlung ausgestellt werden kann. 1985 konnte die Einrichtung einen 250 000 Quadratmeter großen, hochmodernen Lagerbereich mit computergesteuerter Temperatur-, Feuchtigkeits- und Luftregulierung in Betrieb nehmen. Nur das Porzellan wird weiterhin in der Höhle hinter dem Museum aufbewahrt. Die neue Lagereinrichtung verfügt über eine 3 Millionen US$ teure Alarmanlage. Für den Fall eines Brandes gibt es 150 Zentimeter hohe Kanister, die ein spezielles Gas enthalten, mit dem die Flammen gelöscht werden können, ohne die Stickereien, Dokumente und Gemälde zu zerstören.
Die Kalligraphien und Rollbilder werden in Kampferholzschränken aufbewahrt. Die Museumsangestellten bestanden trotz der hohen Kosten auf der Verwendung dieses Materials, weil das Holz des Kampferbaums aufgrund seiner insektenabhaltenden Beschaffenheit traditionell als die beste Aufbewahrungsmöglichkeit für Papierobjekte angesehen wird. Die meisten anderen Kunstgegenstände sind in großen metallenen Schiffskisten mit Handgriffen verstaut. Auf die Frage, ob das Museum sich auf einen weiteren plötzlichen Umzug einstellt, lacht Chang Shih-hsien nur. Der Hauptgrund für die unorthodoxe Aufbewahrungsweise sei die Angst vor einem Erdbeben. Jede Kiste ist gut gepolstert. Seit Ankunft der Kollektion auf Taiwan ist laut Aussage des Museums kein einziges Stück durch natürliche Einflüsse oder unsachgemäße Behandlung beschädigt worden.
Trotz der schnellen Bereitstellung vorbildlicher Aufbewahrungsmöglichkeiten ließ sich die tatsächliche Konservierungsarbeit nur langsam an. Erst 1969 richtete das Museum eine Abteilung für Konservation ein, und selbst heute arbeiten dort nur elf der insgesamt 580 Museumsangestellten.
Der Leiter der Abteilung, Chang Shih-hsien, der seit zwanzig Jahren beim Museum beschäftigt ist, begann seine Karriere mit Neutronen-Aktivierungsanalysen an chinesischen Keramiken. Er setzte seine Ausbildung mit einem Studium über die Konservation von Kunstwerken am Nationalen Labor von Brookhaven in Long Island, New York, sowie am Institut für Archäologie an der Londoner Universität fort.
Chang kämpft gegen die beiden größten Feinde der wertvollen Kunstwerke, nämlich Pilze und Insekten, indem er unaufhörlich nach neuen Methoden der Kontrolle und Vernichtung forscht. Bei drei Millionen Besuchern, die jährlich durch die Museumsräume wandern, besteht die größte Gefahr in hereingetragenen Insekten, die ihren Weg in die Lagerräume finden. Im subtropischen Taiwan sind Kakerlaken der Hauptfeind. Die Sammlung wird bei einer konstanten Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie unter kombinierter Anwendung von chinesischen und westlichen Insektenbekämpfungsmitteln gelagert und ständig überwacht. Darum gibt es praktisch keinen durch Insekten angerichteten Schaden.
Doch Chang denkt, daß die Kollektion zu kostbar sei, um sich selbstzufrieden zurückzulehnen; er weist darauf hin, daß der Verfall unbemerkt einsetzen könnte. Er hat bei der Einführung von modernen Schädlingsbekämpfungsmitteln, wie giftgetränkte Köder und Klebstreifen, mitgewirkt, und er trägt Sorge, daß seine Angestellten über neue Arten der Insektenbekämpfung auf dem letzten Stand sind.
Kontroversen über die Anwendung westlicher Methoden sind unter Museumskonservatoren in ganz Asien üblich, und das Nationale Palastmuseum bildet in diesem Punkt keine Ausnahme. Eines der am häufigsten diskutierten Themen ist die optimale Erhaltung alter Bücher, Dokumente und Bilder. "Unsere Methode der Lagerung von Bildern stammt aus China und hat sich bewährt", erzählt Chang. "Aber die Bilder müssen vorher gereinigt werden, und hier fällt es schwer zu sagen, ob westliche oder östliche Praktiken besser sind." Bei seltenen Büchern und Bildrollen wendet das Museum lediglich chinesische organische Substanzen und traditionelle Methoden an; doch Chang beabsichtigt, mit westlichen Methoden zu experimentieren. Dieser Schritt wird unweigerlich Protest bei den traditionalistischen Mitarbeitern auslösen.
Einer dieser traditionsbewußten Mitarbeiter ist der Konservator Lin Mao-sheng(林茂生). Bei der Reinigung der Sammlung greift er nur auf natürliche Substanzen zurück, die seit Jahrhunderten verwendet werden. Lin entfernt beispielsweise leichten Schimmel mit Wasser, starken Schimmelbefall mit einer Lauge aus Reisstrohasche, Pilze mit einem weichen Pinsel oder Wasser und Wasserzeichen mit einem schonenden Wasserbad. Glücklicherweise wurden die meisten kaiserlichen Bücher und Dokumente nur aus bestem Papier hergestellt und mit der hochwertigsten Tinte beschrieben, weswegen diese Stücke wenig Anzeichen von Verfall zeigen. Eine der Eigenschaften der für einen Kaiser angemessenen Tinte ist, daß sie auf dem Papier nicht verläuft. Bei Bildern, die neu aufgezogen werden müssen, verwenden die Museumsmitarbeiter einen selbstgemischten Leim aus Reismehl.
Bei der Restaurierung von Porzellan-, Bronze und Lackwaren werden nach Möglichkeit nur Farbstoffe und Lackierungen benutzt, die wieder entfernt werden könnten, wenn in Zukunft bessere Methoden verfügbar sein sollten. Das ist bei den 5000 Jahre alten, bemalten Tonwaren des Museums und seiner erstklassigen Sammlung chinesischen Porzellans allerdings kritisch.
Bieten diese traditionellen Restaurations- und Pflegemethoden den optimalen Schutz für die kaiserliche Kollektion? Ein amerikanischer Kurator, der kürzlich Untersuchungen in Taipei durchführte, erklärte, daß viele asiatische Museen die Anwendung traditioneller Methoden bei der Aufbewahrung ihrer Lackarbeiten und Seidengemälde bevorzugen. Doch auf Taiwan hat das Restaurationshandwerk darunter gelitten, daß die traditionelle Wissensüberlieferung von dem Meister an seine Gesellen sich nie voll entwickeln konnte. Da kein Meister zusammen mit der Kollektion von Festlandchina nach Taiwan kam und es über vier Jahrzehnte lang keinen Austausch mit dem chinesischen Festland gab, mußten sich hiesige Konservatoren alles selbst beibringen. Darum konnte die Konservierungsarbeit in Taiwan nicht mit anderen Ländern, vor allem Japan, Schritt halten. Selbst heute, da die meisten international anerkannten Museen von ihren Angestellten mehrjährige Studien über Konservierung verlangen, oftmals mit Spezialisierung im Fach Chemie oder verwandten Bereichen, werden auf Taiwan keine weiterführenden Studien auf diesem Gebiet angeboten. Diese Faktoren tragen dazu bei, daß es eine Reihe von unzureichend ausgebildeten Leuten in der Branche gibt.
Das Museum unterhält jedoch Kontakt mit internationalen Kunstexperten. In diesem Herbst begann ein Museumskonservator mit der Teilnahme an einem sechsmonatigen Kurs über Restaurationstechniken für Keramiken und Metallobjekte an der East Anglia Universität in England. Auch wenn Angestellte des Museums selten an solchen Schulungen im Ausland teilnehmen, beziehen sie doch durch den ständigen Strom von internationalen Wissenschaftlern und Praktikanten, die jedes Jahr im Museum arbeiten, regelmäßig Informationen über die Erhaltungsarbeit.
Einige der Sammlungsstücke sind besonders schwierig zu konservieren, egal wie raffiniert die angewandten Methoden auch sein mögen. Da sind zum Beispiel die Miniatur-Wunderkästen vom kaiserlichen Hof der Ch'ing-Dynastie. Ihre Erhaltung kann sich als so kompliziert wie ihre Herstellung erweisen. In vielen Fällen enthalten die kompliziert geschnitzten, seltenen Holzkästen Gegenstände aus verschiedenen Materialien, die am besten unter unterschiedlichen Bedingungen gelagert würden. Einige enthalten beispielsweise Miniaturbronzen, die zur Vermeidung von Korrosion optimal bei weniger als fünfzig Prozent Luftfeuchtigkeit aufbewahrt werden, während die ebenfalls in den Kästen enthaltenen Lackarbeiten Risse bekommen können, wenn die Luftfeuchtigkeit unter 65 Prozent fällt.
Diese schwierigen Umständen sind oftmals Ursache für Auseinandersetzungen zwischen der Konservierungsabteilung und der Museumsverwaltung. Chang und seine Kollegen möchten, daß die in den Wunderkästen enthaltenen Stücke an verschiedenen Orten und ihren Bedürfnissen entsprechend aufbewahrt werden. Doch das System des Museums, jedes Sammlungsobjekt gemäß seiner Art einem bestimmten Verwaltungsbereich zuzuordnen, hat dazu geführt, daß die Kästen als Einheit gelagert werden müssen. Chang ist enttäuscht, daß er die Art und Weise, wie die Wunderkästen aufbewahrt werden, nicht ändern kann, obwohl Konservatoren inzwischen mehr Wissen über Aufbewahrungspraktiken gewonnen haben.
Ein weiterer empfindlicher, jedoch wichtiger Bereich sind die Archive. Interessierte Forscher können sich anmelden, um mit weißen Handschuhen die 386 440 Dokumente aus der Ch'ing-Dynastie durchzustöbern oder in den seltenen Büchern der Museumsbibliothek zu schmökern. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als fünfhundert Interessenten die Archive und über siebenhundert benutzten die Bibliothek. Trotz des unaufhörlichen Besucherstroms und der empfindlichen Natur des Materials bedürfen nur rund fünf Prozent der kaiserlichen Bücher und Dokumente der Restauration, erklärt der Museumsarchivar Shen Ching-hung(沈景鴻).
Die Archive enthalten alles erdenkliche Material, von kaiserlichen Tagebüchern und Erlässen bis hin zu Berichten über den religiösen, sozialen und familiären Lebensstil in chinesischen Dörfern. Die Tradition der sorgfältigen Aufzeichnung wichtiger Ereignisse geht bis in die Zeit der Tang-Dynastie zurück, als für diesen Zweck eine eigene Behörde eingerichtet wurde. Demnach archivieren die heutigen Museumsarchivare tatsächlich altertümliche Archive. Auf die Frage, wie er die Arbeit der Wissenschaftler in der Ch'ing-Zeit einschätzt, antwortet Shen mit "ziemlich gut". Er erklärt: "Diese Gelehrten versuchten, jedes Ereignis, welches während der Periode der Ch'ing-Dynastie passierte, bis in das winzigste Detail aufzuzeichnen. Sie waren sehr ordentlich und genau."
Die herausfordernste Aufgabe der Konservierungsabteilung ist wahrscheinlich die Restaurierung von Sammlungsstücken. Yang Yuan-chyuan(楊源泉), der älteste unter den Konservatoren, erklärt, daß jedes restaurationsbedürftige Stück untersucht, fotografiert und mit einem "Diagnosebericht" inklusive Röntgenbild ausgestattet worden ist. Die Warteliste für eine Behandlung ist lang. Yang sagt, daß es viele Leben dauern wird, um all die beschädigten Porzellan-, Bronze-, Jade- und Lackobjekte zu restaurieren. Er nennt aus Respekt gegenüber der offiziellen Erklärung des Museums, daß die Sammlung wenig Schaden auf der langen Reise aus der Verbotenen Stadt ins Palastmuseum erlitten hat, keine Zahlen.
Da kein anderes Museum in Taiwan über Restaurationsabteilungen verfügt, teilen die Museumsmitarbeiter ihr Wissen mit den Kollegen anderer Einrichtungen. Gelegentlich hat das Team des Palastmuseums auch schon bei der Schulung von Angestellten anderer Einrichtungen geholfen.
Trotz einer führenden Rolle, die das Palastmuseum unter den Museumseinrichtungen in Taiwan einnimmt, ist es in Anbetracht des technologischen Zeitalters nicht auf dem letzten Stand der Dinge. Forscher Yu Dwun-ping(余敦平)bezeichnet die Konservierungsabteilung als auf "mittel-technologischem" Stand. Er wünscht sich zum Beispiel innigst, daß das Museum Analyseeinrichtungen zur schadlosen Untersuchung der Objekte anschafft. Derzeit können nur Scherben und Proben maschinell umfassend untersucht werden. Die Anschaffung von Geräten, mit denen ganze Stücke untersucht werden können, würde eine erhebliche Investition bedeuten. Der Forschungsetat macht nur einen Bruchteil des 500 Millionen NT$ (18 Millionen US$) betragenden Jahresbudgets des Museums aus und deckt neben der Konservierungsarbeit viele andere Bereiche ab. Die einzige andere Geldquelle für die Konservierungsabteilung sind gelegentliche Forschungsbeihilfen und Stipendien des Nationalen Wissenschaftsrats.
Die technologischen Einschränkungen und eine kleine Mitarbeiterriege jedoch haben die Forschungsarbeit im Nationalen Palastmuseum nicht davon abgehalten, weiter als bis zur herkömmlichen Bestimmung von Alter, Herkunft und Ausmaß der Beschädigung vorzudringen. Die Experimente der Konservierungsabteilung mit dem Einsatz von Kampfer als Insektenabwehrmittel beispielsweise sind bahnbrechend und werden von vielen Einrichtungen auf der Welt verfolgt. Das Museum testet mögliche Nebenwirkungen bei der Verwendung dieses Mittels an organischen Materialien. Die Forscher vergleichen Kampfer mit dem künstlich hergestellten Naphtalin, welches von den meisten anderen Museumsinstitutionen eingesetzt wird.
Die Präsentation der riesengroßen Kollektion ist Aufgabe von Julie Kung-shin Chou(周功鑫). Da immer nur ein kleiner Teil der Sammlung für eine bestimmte Dauer gezeigt werden kann, tauscht sie alle zwei Monate mindestens einmal die ausgestellten Stücke in den Vitrinen aus. Ihr Ziel, sagt sie, ist die ausgewogene Verbindung von Konservation und einer Präsentation, welche die Schönheit der Kunstwerke betont. Chou ist ebenfalls bei den nicht nachlassenden Bemühungen des Museums beteiligt, die Sammlung auszubauen.
Der Direktor des Museums, Chin Hsiao-yi(秦孝儀), gibt zu, daß es noch viel Arbeit bedarf, die Sammlung abzurunden. "Die kaiserliche Kollektion basiert auf Stücken aus der Ch'ing- Dynastie, doch in den letzten Jahren waren wir bestrebt, unsere Sammlung zu erweitern", berichtet Chin. Genauer erklärt er, daß es bei der Darstellung des Neolithikums, der Ming-, späten Ch'ing- und frühen Zeit der Republik Schwachstellen gibt. Akquisition und eine steigende Zahl von Leihgaben helfen, die Lücken zu füllen, doch die Aufgabe bedarf Zeit und Geld. Auch die Logistik ist kompliziert. Das politische Tabu, von Festlandchina zu kaufen oder auszuleihen, stellt eine Extraschwierigkeit dar, und der Kauf über einen Zwischenhändler läßt die Kosten steigen. Es ist bedauerlich, einerseits das führende chinesische Museum zu sein, aber andererseits keine Ausleihrechte zu haben, wie sie hiesige Privatmuseen, darunter das der Taipeier Chang-Stiftung, inzwischen genießen.
Chou erzählt, daß immer mehr Leute an das Nationale Palastmuseum mit Spenden oder Angeboten von Kunstwerken und antiken Stücken herantreten. Sie weist auf den kürzlichen Erwerb eines herausragenden Jadeobjekts aus dem elften Jahrhundert der Westlichen Chou-Dynastie hin. Chou ist der Ansicht, daß die zunehmende Zahl von Leihgaben an das Museum von den verbesserten Lager- und Restaurationsmöglichkeiten herrührt. Sie ist unverkennbar stolz, daß unschätzbare Kunstwerke nun lieber dem Nationalen Palastmuseum als führenden Museen im Ausland angeboten werden. Durch die Bemühungen um den Ruf, erstklassige Konservation zu bieten, kann das Museum seinen internationalen Status weiterhin stärken.
(Deutsch von Jessika Steckenborn)